Im Osten das Grauen: Ein Kriegstagebuch (German Edition) by Johannes W. Günther

Autor:Johannes W. Günther [Günther, Johannes W.]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Vogtland, Radzyn, Stuka, Asch, Lazarett, Selb, Fall Barbarossa
ISBN: 9783897749481
Herausgeber: TRIGA - Der Verlag
veröffentlicht: 2015-01-26T05:00:00+00:00

Wir warten auf die SD-Offiziere, die eine halbe Stunde nach uns eintreffen und mit militärischer Arroganz von ihrem Kübelwagen steigen.

Einige Dorfbewohner, ältere Männer und ein paar Frauen kommen neugierig näher und betrachten misstrauisch unsere Aktivitäten, flüstern miteinander und ihre verstohlenen Blicke lassen ahnen, dass sie wissen, dass etwas Unangenehmes auf sie zukommt.

Mit Beklemmung in der Brust betrachte ich das Geschehen und ziehe mich etwas zurück neben einen Lkw, um nicht im Blickfeld zu sein und zu etwas Drastischen befohlen zu werden. Beide SDler und unser Chef besprechen sich und ich höre dann, wie dem Dolmetscher gesagt wird, er solle den hier anwesenden Leuten sagen, sie sollen den Vorsitzenden des Dorfes sofort herholen. Der Vorsitzende oder auch Direktor genannt, hat den Rang eines Bürgermeisters, der der Ansprechpartner der Dorfbewohner ist. Auf Russisch heißt er »Prezetatel«.

Der Dolmetscher geht zu den Leuten und übersetzt den Befehl. Einer der Männer läuft davon und kommt nach fünf Minuten mit einem Mann zurück. Ein wahrhaft stattlicher Mann mit schlohweißem Haar und wallendem Vollbart, großgewachsen. In stolzer Haltung kommt er zu den drei Offizieren. Seine stahlblauen Augen blicken unerschrocken in die Runde und gelassen hört er sich an, was ihm befohlen wird.

»Innerhalb einer Stunde hat die gesamte Bevölkerung dieses Dorfes, einschließlich der Kinder, hier auf dem Platz zu erscheinen. Danach werden alle Häuser durchsucht und wer im Haus noch angetroffen wird, wird sofort erschossen. Alle Einwohner, Männer, Frauen und Kinder haben hier anzutreten!« Der Russe geht ohne Regung und schickt einige Männer, die dabeistehen, los, die Leute zu holen. In der Zwischenzeit sitzen die Kameraden des ersten Zuges ab und ihnen wird befohlen, mit den Gewehren im Anschlag, die Einwohner zusammenzuhalten, wenn alle versammelt sind.

Die Ersten kommen bereits zögernd an. Alte Männer, Frauen in ihren langen Röcken, eine Schürze umgebunden und die Kinder noch verschlafen und sich die Augen reibend im Schlepptau. Einige haben Babys auf den Arm und immer mehr kommen mit ängstlichen Gesichtern. Von Soldaten werden sie getrennt, links die Männer und gegenüber die Frauen und die Kinder.

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